46. Lebenstag
A-Wurf
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Anders als in den anderen Beiträgen geht es heute nicht um alle Speckies, sondern um eine spezielle Zaubermaus.
Es fällt mir schwer zu schreiben, vor allem da ich zu dem Zeitpunkt, an dem diese Zeilen entstehen, noch nicht weiß, ob sie ein (vorläufiges) Happy End mit sich bringen oder mich noch mehr weinen lassen und sämtliche Hoffnungen zerschlagen werden. Ich möchte für Transparenz, Offenheit und Ehrlichkeit stehen, egal ob es mir züchterisch negativ ausgelegt wird, und deshalb ist es mir wichtig, darüber zu berichten. Wenn ich nur wüsste wie, mir fehlen die Worte…
Seit Tagen überschattet ein schlimmer Befund unser Pfötchenparadies und so wurde Frau Mint gestern zur weiteren Diagnostik stationär in der Uniklinik Leipzig aufgenommen. Wer das Video des Wiesenausflugs gestern gesehen hat, wird erkannt haben, dass nur fünf Speckies fröhlich herumgesprungen sind. Es brach mir das Herz, sie in Ungewissheit in der Klinik abzugeben, auch wenn ich dem Team vertraue und sie mir Mut zusprachen, Hoffnung sehen und die Untersuchungen nur durchführen, weil sie davon überzeugt sind, dass sie es packen kann.
Doch bleibt immer der Zweifel, ob es nur mein verzweifelter Versuch ist, ob es unnötiges Leid ist oder das Schicksal herauszögert. Aber unsere Tierarztpraxis vor Ort kam technisch an ihre Grenzen und die tapfere Maus ist aktuell so fröhlich, munter und stabil, dass ich nicht warten möchte, bis es ihr vielleicht schlechter geht.
Ihr Start ins Leben war schon unglücklich. Bei der Geburt hatte sie Fruchtwasser geschluckt, was passieren kann, aber sie brauchte trotzdem zwei Tage und häufiges Absaugen, um sich zu fangen.
Wirkliche Ungewöhnlichkeiten zeigten sich dann mit dreieinhalb Wochen, als ich begann beizufüttern. Während Muttermilch problemlos durch ging, kam zugefütterter Nahrungsbrei immer mal wieder hochgewürgt und ausgespuckt.
Ich versuchte vieles anzupassen, Menge, Konsistenz, grundlegende Beschaffenheit, Kochen, Trockenfutterpamps. Immer wieder lief es darauf hinaus: kleine bis mittelgroße Portion, dafür öfter und vor allem sehr flüssig, also gut gleitfähig, was ein Mal im Magen ankam, blieb drin.
Auch die Atmung erschien mir auffällig. Wenn überhaupt ich Atmung verschärft hörte, dann bei ihr. Mit der Zeit und mehr Aktivität fiel mir auf, dass sie schneller als ihre Geschwister ins Japsen verfiel. Ansonsten war sie unauffällig, mobil, frech, eifrig, verspielt, geschickt, neugierig, irrsinnig lebensfroh, nahm zu und entwickelte sich wie die anderen, man merkte ihr nichts an.
Selbstverständlich stellte ich sie zeitnah gesondert dem Tierarzt vor. Sie wurde geröntgt und eine Verschattung im vorderen Lungenbereich gesehen. Daraufhin bekam sie aller zwei Tage insgesamt drei Spritzen Antibiotikum, da der Verdacht nahe lag, dass es eventuell doch noch eine Folge vom Fruchtwasser sein könnte oder sie durch das häufige Spucken etwas aspiriert haben könnte. Im Kontrollröntgen eine Woche später zeigte sich dann eine Verbesserung der Verschattung. Subjektiv konnte ich das nicht bestätigen.
Auf meinen Wunsch hin wurde in diesem Fall mit Kontrastmittel geröngt und ein Verdacht bekräftigt, der mich schon zusammenbrechen ließ, als sie das erste Mal Nahrung erbrochen hatte. Eine mögliche Aussackung der Speiseröhre und dahinter eine Verengung stand im Raum. Das würde zumindest erklären, weshalb flüssige Nahrung relativ gut toleriert wird, alles andere aber wortwörtlich im Halse stecken bleibt. Eine fatale Diagnose. Ein absoluter Schock, auch wenn es unterschwellig in meinen Gedanken immer mitgeschwungen war. Ich danke dem Praxispersonal für das fürsorgliche Auffangen, denn ich war vor dem Röntgenbild doch ziemlich erschrocken, die Tränen kamen und ich konnte mich nur noch fester an die tapfere Maus in meinen Armen klammern. Es wäre natürlich gut zu wissen, weshalb sie solche Auffälligkeiten hat, allerdings ist es auch ein Schicksal, das für so einen jungen Hund möglicherweise lebensentscheidend ist.
Es kann aber auch nur ein Bild vom Schluckmoment sein und das Kontrastmittel hatte sich hinten einfach noch nicht richtig verteilt. Deshalb brauchte ich dringend weitere Abklärung und Gewissheit.
Ich weiß nicht, was andere Züchter an diesem Punkt getan hätten oder tun würden. Ich möchte nicht, dass sie im schlimmsten Fall auf den Bildern einfach stillschweigend verschwindet. Die Maus hat so einen unglaublichen Lebenswillen, so viel Freude und Mut, dass ich für mich beschlossen habe, mit und für sie zu kämpfen, koste es, was es kostet. Ich wollte und will sie nicht einfach aufgeben oder den vermeintlich leichteren oder günstigeren Weg gehen.
Es folgte die Überweisung zur Uniklinik Leipzig und Dank einer lieben Freundin bekamen wir auch zügig einen Termin. Im telefonischen Vorgespräch kristallisiert sich heraus, dass der Knackpunkt ihr Alter sei. Sie ist so verdammt jung.
Für die Diagnostik war vorab geplant, sie heute in Narkose zu legen. Leider haben Welpen grundsätzlich ein erhöhtes Risiko. Allerdings war ich nicht sicher, ob ich sie bis zu dem notwendigen Alter so stabil werde halten können wie sie jetzt ist (Nachtrag: Mittlerweile bin ich wesentlich optimistischer! Aber an dem Tag war es sehr schwer, überhaupt zu schreiben, die Stimmung war eher geknickt). Zumal mir die Lunge nicht besser erschien, allerdings gab es in diesem Punkt gestern bereits Entwarnung. Eine positive Nachricht!
Sie haben gestern noch weitere Voruntersuchungen mit ihr gemacht, ein Blutbild, Röntgen, ich habe Videos mitgegeben und alles notiert, was mir von Geburt an bei ihr aufgefallen war und wie unser aktuelles Fütterungsmanagement funktioniert. Heute wurde dann ein Ultraschall durchgeführt (war gestern aufgrund von notwendigen Reinigungsarbeiten nicht möglich), der nochmals bestätigte, dass die Lunge unauffällig sei. Allerdings zeigte sich eine Magenschleimhautentzündung. Ich verorte persönlich die Ursache im Antibiotikum, da ihr Kot nach der vorab von der Uniklinik empfohlenen Weitergabe wirklich hundsmieserabel war, in Anbetracht der eventuellen Lungenproblematik aber das kleinere Übel darstellte.
Insgesamt erscheint es den behandelnden Ärzten in der Uniklinik sehr seltsam bzw. nicht klassisch für den Verdacht bezüglich der Speiseröhre. Da die Kleine das dort gegebene moussige Futter gut vertragen hat, sieht das weitere Vorgehen so aus, dass wir versuchen, ihr das schmackhaft zu machen bzw. ich weiterhin so füttere, wie es hier gut funktioniert, sodass sie noch etwas älter werden kann, um später, sollte sich die Problematik nicht von alleine geben, eine Schluckstudie oder eben doch weitere Diagnostik unter Narkose mit dann geringerem Risiko als jetzt durchführen zu können.
Ihre Ernährung bei mir war bisher eher einseitig. Mit zunehmendem Gewicht wird es nicht leichter werden und deshalb taste ich mich weiterhin langsam in minimalen Schritten vor, was und wie alles noch gut toleriert wird. Unser Fütterungsmanagement gestaltete sich bisher so, dass sie über den Tag verteilt viele kleine, flüssige Mahlzeiten bekam und stets so fraß, dass ihr Oberkörper in einer erhöhten Position war. Ganz selbstverständlich stieg die Maus mehrmals täglich auf ihr Trittchen und hat es einfach grandios gemeistert! Im Anschluss habe ich sie immer noch etwa zehn Minuten lang in möglichst aufrechter Position herumgetragen und ganz viel geknuddelt. Über beide Maßnahmen unterstützte ich die Schwerkraft, damit die Suppe ihren Weg in den Magen leichter findet und die eventuelle Engstelle passieren kann bzw. es nicht aus dem Magen wieder hochkommt, je nachdem was eben die Ursache sein mag. Die Maus macht alles so wahnsinnig gut mit!
Mittlerweile darf sie auch ab und zu ganz normal von unten aus dem Napf fressen und auch hinsichtlich der Menge darf sie nun gelegentlich reinhauen, so viel sie mag. Bei der Konsistenz sind wir von flüssig zu moussig aufgestiegen. Insgesamt bin ich trotzdem lieber noch eher vorsichtig und kontrolliert unterwegs, ich möchte nichts unnötig provozieren.
Ich würde lügen, würde ich behaupten – so schwer es mir fällt – ich hätte in den letzten Tagen nie den Gedanken gehabt, dass ich froh bin, dass sie nun zumindest für knapp zwei Tage an der Uniklinik ist, denn dort ist sie in professioneller Betreuungen und Versorgung, sie wird dort ganz anders unterstützt als ich es vermutlich kann. Und sie haben andere technische Möglichkeiten, um herauszufinden, was nicht so ganz stimmt.
Auch der Gedanke, es wäre leichter, ihr das alles zu ersparen, das Schicksal der Natur zu akzeptieren und sie friedlich bei mir im Arm gehen zu lassen, kam mir in manchem schwachen Moment. Aber ihr fröhliches Herumspringen hat es sofort zerschlagen! Solange es Hoffnung gibt – und gerade Welpen haben selbst bei entsprechend schlimmerer Ursache und deren Behebung eine gute Prognose – solange am Ende ein Hund mit Lebensqualität steht, solange möchte ich stark sein und kämpfen. Nun gilt es herauszufinden, was genau das Leben ihr für eine Bürde auferlegt hat.
Und damit dieser Text nun endlich positiv wird: die Wiedersehensfreude, als sie heute Mittag endlich wieder zurück war, war riesig! Sie ist durch das ganze Pfötchenparadies gesprungen, hat frech jedem Geschwisterchen ins Ohr gezwickt, Spielzeug stolz herumgetragen, mit Mama Alva gekampelt und intensiv mit mir geschmust. So viel Energie, die freigelassen werden musste. Es war so wunderschön und ich wurde ein Mal mehr bestätigt, dass es richtig ist, auf sie zu bauen.
Normalerweise entscheiden bei mir die neuen Besitzer über den Rufnamen ihres Familienmitgliedes. Bei ihr ist es mir wichtig, dass sie einen starken Namen bekommt. Schon ihr offizieller Zuchtbuchname Freckled Friends Anthem of Life soll Hoffnung machen. Hinzu kommt – zumindest für mich – nun ein Rufname, der Kämpferin bedeutet. Denn genau das bist du, mein verspielter, kleiner Wirbelwind, tapfer und stark und voller Willen. Du hast es verdient. Du lässt dich nicht unterkriegen, bist lebensfroh und optimistisch. Du schaffst das! Dein perfektes Zuhause mit einem glücklichen, langen Leben wartet schon sehnsüchtig auf dich. Wir glauben an dich!
An dieser Stelle möchte ich allen danken, die für die kleine Maus so fest die Daumen drücken, sich nach ihr erkundigen, mitfiebern, mich unterstützen, auffangen und ermutigen. Es ist einfach sehr schwer, gerade nach dem Kontrastmittelröntgen bin ich wirklich in ein Loch gefallen, auf das ich nicht vorbereitet war. Auch wennn man immer mit Komplikationen rechnen muss, so war ich mit solchen Situationen noch nie konfrontiert worden, ich fühlte mich so machtlos. Nun gibt es wieder ganz viel Hoffnung. Danke an alle, die für uns da waren und sind! Es ist schön zu wissen, dass ich solche Menschen an meiner Seite habe.