53. Lebenstag

Die erste Kerze am Adventskranz brachte ein Nickerchen und zwölf Erkenntnisse mehr. Oder vielmehr die Bestätigung dessen, was ich seit dem Öffnen der Ohren vermutete.

Nach der Aufregung gestern folgte heute direkt die nächste. Von ganz anderer Natur und genau genommen haben die Speckies es eh verpennt und sich lediglich über das ausgebliebene Mittagessen beschwert (dabei können sie mittlerweile so toll warten). Wobei der Protest der Herren Gelb und Blau absolut als Aufregung zählt, die beiden haben Stimme.
Es war einer dieser berühmten Tage der Wahrheit. Ein Tag, an dem man als Züchter und Welpeninteressent doch immer ein bisschen bangt, ganz gleich, wie sicher man sich vorab ist, einen Ticken mehr, wenn zukünftige Ausbildungspläne daran hängen, und vor allem in Zeiten wie diesen, wo Liebhaberzüchtern das Leben schwerer gemacht und der Dalmatiner je nach Auffassung des Verfassers auf Qualzuchtlisten geführt wird.

Die Audiometrie stand an, AEP oder BAER Test, mit deren Hilfe Herr Dr. Kröger aus Berlin professionell und routiniert die Hörfähigkeit der Speckies diagnostizieren konnte. Aufgrund der Messung mittels hochempfindlicher Elektroden müssen die Zwerge dafür in Kurznarkose gelegt werden.
Wie schon zum A-Wurf lag ich goldrichtig. Keine Überraschungen. Ich bin überglücklich, denn die Untersuchung bestätigte offiziell: alle Welpen hören! Das hätte mich andernfalls auch gewundert, denn auf meinen Futterpfiff oder Napfklapper reagieren alle Tupfenzwerge mehr als zuverlässig. Bis auf Herrn Rot, dessen Selbstbewusstsein und Charme für die einseitige Hörfähigkeit völlig genügt, müssen alle auf beiden Ohren abschalten, wenn sie Herrchen und Frauchen mal gekonnt ignorieren möchten.

In offizieller Auswertung bedeutet dies:

Herr BlauBAER +/+
Herr GrünBAER +/+
Herr BraunBAER +/+
Herr OrangeBAER +/+
Herr GelbBAER +/+
Herr RotBAER +/-
Besonders gefreut hat mich, wie viel Lob ich, die völlig relaxten Welpen, die freundliche und entspannte Mama Dixi sowieso meine Zuchtstätte erhalten haben. Danke für so viele liebe Worte!
Außerdem wurden die Speckies im Schlummermodus noch fix gechippt, geimpft und auf sie ein Heimtierausweis ausgestellt.

Anders als bei meinem vorherigen Wurf steckte die Narkose den Jungs wirklich lange in den Knochen. Gut, es war kurz vor dem Abendbrot (man misst ja bei Welpen nicht in Tageszeit, sondern der wichtigsten Einheit überhaupt: Mahlzeiten). Der Tag neigte sich dementsprechend mehr dem Lichtschalter Aus denn dem energetischen Höhepunkt. Ich hockte Post-AEP als Anästhesieschwester zwei Stunden neben der Wurfbox und beobachtete, ob sich alle Bäuchlein hebten und senkten, bis ich halbwegs beruhigt war. So süß dieses berühmte Bild der sich umarmenden Geschwister auf Interessenten wirkt, so hat man als Züchter doch irgendwie einen anderen Blick darauf.
Getestet wurde in alphabetischer Reihenfolge. Der Kreislauf der ersten Dreiergruppe kam zügiger in schwung und sie dösten entspannt weiter, nachdem alle ihre Zungen wieder sortiert hatten. Herr Blau torkelte als Erster aus der Wurfbox, um das unbedingt auf meinem Schoß zu tun, weil ich dagegen war, dass er es quer über seinen Brüdern liegend tut. Die zweite Dreiergruppe gab sich ganz der Dröhnung hin, wobei die Herren Grün und Gelb dezent mit der Gesamtsituation unzufrieden waren und vor sich hin brabbelten. Herr Orange träumte schließlich am längsten in meinem Arm und Herr Rot, nun, er hatte offensichtlich entschieden, sich mal so richtig auszuschlafen, und pennte mit Abstand am längsten. Als dann alle wieder geradeaus laufen konnten, gab es auch endlich etwas in die grummelnden Bäuchlein, die sich so fleißig gehebt und gesenkt hatten. Erst von Mama Dixi, die endlich wieder zu ihren Zwergen durfte, dann von mir. Und im Anschluss wurde sich kollektiv für ein Verdauungsschläfchen entschieden, was fließend in den Nachtschlaf überging.

Aufgrund dieser Situation habe ich doch in der Tat gegen meine eigene Empfehlung verstoßen. Ich weise meine Welpeneltern stets darauf hin, die Krallenpflege nicht zu vernachlässigen und regelmäßig zu schauen, ob gekürzt werden muss, oder es zumindest als Trockenübung beizubehalten, damit kein Hund im Ernstfall zum Schneiden in Narkose gelegt werden muss, weil es anders nicht mehr möglich ist. Nun war ja aber die Narkose eh da, also Situation genutzt und nochmal fix eine Pediküre verpasst. Bei den meisten vielleicht sogar die Letzte vor dem Auszug. Die Intervalle haben sich mittlerweile auf ein Mal pro Woche verlängert.